Brief an Frau Nallinger – LiMux ist mehr als Software

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Dieser Artikel stammt aus meinen früheren Wordpress-Instanzen und steht hier aus Gründen der Nostalgie.

Offener Brief an Sabine Nallinger, Kandidatin für das Amt der Bürgermeisterin

 

Sehr geehrte Frau Nallinger,

heute feiern Freie Software-Aktivist_Innen in ganz Europa den „I Love Free Software“-Tag. Mit von der Partie sind u.a. auch Ihre Parteifreund_Innen von GrünDigital sowie die Grüne Jugend München.

Gerade an diesem freudigen Tag trifft mich Ihre Aussage vom angeblichen Misserfolg des LiMux-Projekts besonders hart. Auf der nur für Mitglieder zugänglichen Internet-Seite Facebook schreiben Sie: „Ich will eine Lösung, die funktioniert, egal mit welcher Software.“ Diese als Pragmatismus getarnte Gleichgültigkeit ist in meinen Augen ein harter Schlag für die Freiheit und Unabhängigkeit der Stadt München in unserer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Ferner ist diese Denkweise aus meiner Sicht nicht zu vereinbaren mit den Werten der Grünen Partei. Denken Sie an die vielen Menschen im Umfeld Ihrer Partei, die mit Ihrer beharrlichen Arbeit dafür gesorgt haben, dass Umweltschutz, geschlechtliche sowie sexuelle Emanzipation heute zu gesamtgesellschaftlichen Themen geworden sind. Wie oft forderten Grüne Politiker_Innen vom Volk, kurzfristig auf ein Quant Komfort zu verzichten, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und wie oft hatten sie damit Recht!

Das auch von den Grünen realisierte Münchner LiMux-Projekt ist eben ein Paradebeispiel für diese emanzipatorische Politik: es macht die Stadt (und ihre Bürger_Innen) wieder zu den Eigentümer_Innen ihrer Daten und der Datenverarbeitung. Es versetzt sie in die Lage,  alle Daten in offenen Formaten ohne Einschränkungen durch einen Hersteller zu speichern, die verwendete Software nach eigenen Wünschen anzupassen, zu verbessern und diese Änderungen mit der ganzen Gemeinschaft zu teilen.

Sie aber geben bereitwillig bei einem der wichtigsten Themen unserer Zeit, der Teilhabe an der digitalen Gesellschaft, klein bei. Können Sie sich etwa nicht vorstellen, dass die technischen und organisatorischen Probleme lösbar sind, ohne die Ideale über Bord zu werfen? Wir stehen gerade am Scheideweg, jetzt entscheidet sich welche Rechte unsere Kinder später an ihren Geräten, Programmen und Inhalten haben werden. Werden sie künftig als souveräne und emanzipierte Teilnehmer_Innen auftreten, oder werden sie zu reinen Konsument_Innen degradiert?

Sie schreiben, dass man den Mut haben muss, Fehleinschätzungen einzugestehen. Das ist richtig, und daher bitte ich Sie: Überdenken Sie ernsthaft Ihre Einschätzung zu LiMux. Überlegen Sie sich, wie wertvoll die gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit für jede_n von uns ist. Überzeugen Sie im Wahlkampf mit Ideen zur Lösung der angesprochenen Probleme, um die Menschen in der Verwaltung auch bei IT-Fragen glücklich zu machen ohne die eben gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit der Münchner IT direkt wieder aufzugeben..

„Freie Software – Freie Gesellschaft“ – Dies soll unser gemeinsames Ziel bleiben!